Category Archives: Alle Beiträge 2013

Alle Beiträge 2013 Themenspezifische Fragen

Rechercheförderung – Mode oder Mehrwert?

Oliver_Zihlman„In idealen Redaktionen braucht es keinen Recherche-Desk“, sagte Oliver Zihlmann. „Dort hat jeder Journalist die Gelegenheit, vertieft zu recherchieren, wenn er eine spannende Geschichte riecht.“ In Zeiten des Spardrucks aber habe die Schaffung eines gemeinsamen Rechercheteams von SonntagsZeitung und Le Matin Dimanche zum Jahresbeginn 2012 ein starkes Zeichen des Tamedia-Verlegers dargestellt. Der Recherche-Desk sei als Brücke über den Röstigraben sehr wertvoll.

Andrea_BleicherUm eben jenen Blick in die Romandie beneide sie Oliver Zihlmann, sagte Andrea Bleicher. Doch auch ohne Recherche-Desk sei Ringier gut aufgestellt: „Wir beschäftigen 23 Reporter. Deren Kernaufgabe ist die Recherche.“ Im Vergleich zum achtköpfigen Team Zihlmanns weise Ringier einen Pluspunkt auf, sagte die stellvertretende Chefredakteurin des Blicks mit einem Augenzwinkern: „Der grosse Vorteil des Blick-Newsrooms ist, dass der Chefredakteur nicht weiss, woran ein Journalist gerade arbeitet.“ Gute Geschichten flögen einem nicht wie gebratene Tauben in den Mund, sagte Bleicher. „Recherchieren tut weh. Es ist zeitintensiv und man muss Leuten auf die Füsse treten. Man exponiert sich und muss einstecken können. Nicht jeder ist dafür geschaffen.“

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Alle Beiträge 2013 Themenspezifische Fragen

Recherche im Ausland – heikel, aber wichtig

Mona_FahmyAuf was müssen Journalisten bei der Recherche im Ausland achten? Mona Fahmy, Leiterin des Reporterteams von Tagesanzeiger.ch / Newsnet, zeigte anhand ihrer Reise nach Lybien, auf welche Widerstände und Probleme Journalistinnen und Journalisten stossen können. Ihr Vortrag über die Berichterstattung mitten im Arabischen Frühling bot lehrreichen Stoff. Fahmys Checkliste dient als wertvolle Stütze vor jeder Reise.

Es fängt schon vor dem Flug an

Dass Journalisten zur Vorbereitung ein Visum beantragen und ihre technische Ausrüstung checken, versteht sich von selbst. Was aber wichtig ist: lokale Informationen einholen.  Auch wenn der Flug in zwei Stunden geht. Denn vor Ort können Reporterinnen und Reporter auf widrige Umstände stossen. Die Checkliste von Reporter ohne Grenzen ist dazu hilfreich.

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Alle Beiträge 2013 Fallbeispiele

Der Fall Mörgeli – ein Blick hinter die Kulissen

Iwan_StaedlerEs habe alles an einem Mittag im August begonnen, sagt Iwan Städler. Das Reporter-Team des Tages-Anzeigers sass in einem Restaurant an der Werdstrasse, als ein Mitglied anregte, man müsse mal Mörgelis wissenschaftlichen Leistungsnachweis recherchieren. Die Aufgabe fasste Städler, der Christoph Mörgeli bereits aus der Politikberichterstattung kannte. „Es lag auf der Hand, dieses Spannungsfeld zwischen den zwei Ämtern Mörgelis auszuloten“, sagt Städler.

Drei Schritte der Recherche

Städler verfolgte bei der Recherche drei Schienen: Erstens durchleuchtete er die Schweizerische Mediendatenbank sowie das Internet und sammelte Literatur. Der Link zum akademischen Bericht 2011 der Uni Zürich führte jedoch ins Leere. Auf Städlers Anfrage antwortete Institutleiter Flurin Condrau: „Ich habe meinen Akademischen Bericht 2011 fristgerecht abgeliefert. Die Universitätsleitung hat den Bericht bisher jedoch nicht freigegeben.“  Städler vermutete, die Uni wollte etwas unter dem Deckel halten. Diesen Eindruck verstärkte die Pressestelle der Uni Zürich, die mauerte.

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Alle Beiträge 2013 Informanten und Quellen

Politrecherche – über Umwege zum Ziel

Markus_HaefligerMarkus Häfliger arbeitet seit zehn Jahren als Bundeshausjournalist bei der NZZ. Er kennt das Gefühl, wenn man am morgen aufsteht und gerne eine „geile Geschichte schreiben“ würde, aber keine in Sicht ist. Mit der richtigen Methode, liesse sich aber durchwegs die eine oder andere Geschichte finden, so Häfliger und präsentierte heute seine „3P-Methode“. Personen, Prozesse, Papiere.

Statt auf die offizielle Kommunikation der Ämter zu warten, müsse man aktiv werden, sagt Häfliger. Auch wenn er zeitlich ausgelastet ist, zwingt Häfliger sich, wöchentlich ein paar Termine mit politischen Akteuren zu vereinbaren. Dafür ruft er auch mal Politiker an, mit denen er noch nie zuvor geredet hat. Häfliger weiss, dass manche Parlamentarier sich durchaus geschmeichelt fühlen, wenn ein Journalist mit ihnen Kaffee trinken gehen will, und sich für sie und ihre Arbeit interessiert. Und manchmal, so springe bei solchen Gesprächen eine nützliche Information heraus.

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Alle Beiträge 2013 Themenspezifische Fragen

Recherchen im Sport – ungeliebt, aber ergiebig

Jens_Weinreich

Übertreibt der freie Journalist und Blogger Jens Weinreich nicht ein wenig, wenn er anhand  zahlreicher Beispiele erläutert, wie korrupt Sport-Organisationen agieren? Wohl kaum, wer Einblick in Weinreichs Recherche-Resultate erhält. Zwar möchte er das Wort „Mafia“ nicht verwenden, aber die Mechanismen und Strukturen seien identisch.

Durchaus hart für den einen oder anderen anwesenden Journalisten ist Weinreichs Urteil: „Die Recherche-Leistung der Schweizer Medien in Bezug auf FIFA, IOC & Co. ist eine Schande. Umso mehr wenn man bedenkt, wie viele Sport-Organisationen ihren Sitz in der Schweiz haben.“ Das einzig Positive an diesem Umstand sei, dass ihm dies als freier Journalist Arbeit beschere.

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Alle Beiträge 2013 Informanten und Quellen

Recherche im Lokalen – geht das?

Christian_MenschEin Lokaljournalist braucht Strategien, um mit Nähe und Distanz umzugehen. Nur so kann er tiefer recherchieren und im Alltag trotzdem zu seinen Informationen kommen. Der Workshop von Christian Mensch, Leiter der Redaktion Basel des Sonntag, vermittelte das nötige Handwerk dazu.

Drei Strategien zum Glück

Die Nähe zu den Akteuren und dem Publikum sei für Lokaljournalisten eine der grössten Herausforderungen, sagt Mensch. Um dem diffizilen Verhältnis zwischen Recherche und Lokaljournalismus gerecht zu werden, schlägt er drei Strategien vor, die letztlich alle darauf abzielen, Distanz zu schaffen, aber auf eine clevere Art:

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Alle Beiträge 2013 Fallbeispiele

Die Neonazi-Story – verdeckte Recherche im Internet

Fabian_EberhardFabian Eberhard, Journalist bei der SonntagsZeitung, deckte im vergangenen Jahr auf, dass dutzende Neonazis ungehindert Militärdienst leisten. Seine wichtigste Quelle bei der Recherche: das soziale Netzwerk Facebook. Im Erzählcafé berichtet er von seinen Erfahrungen und spricht über die verdeckte Recherche.

Als vor einem Jahr in Deutschland die NSU aufgefallen ist, bekam Fabian Eberhard einen Hinweis von einem Informanten, dass deutsche Neonazis in Luzern ein Schiesstraining absolvieren würden. Dem Informanten dienten dabei Facebook-Screenshots von Statusmeldungen und Bildern als Beweis.

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Alle Beiträge 2013 Methode / Tools

Datenjournalismus – Fundgrube für Rechercheure

Julian_SchmidlIn der Schweiz gibt es Unmengen an digitalen Daten, die „irgendwo als binäre Codes umherschwirren“, sagt Julian Schmidli. Der ehemalige MAZ-Studierende arbeitet zurzeit als Stagiaire beim Recherche-Desk der SonntagsZeitung und Le Matin Dimanche und weiss, wie man aus diesen Datenmassen journalistische Geschichten herausholt. Und Geschichten gibt es einige zu holen, denn öffentlich zugängliche Daten gäbe es genug, nur wisse niemand, was damit anstellen sei.

Journalisten und Journalistinnen müssen lediglich ihre Ängste vor den Daten ablegen und sich das Wissen von Experten zu Nutze machen. So hat es zumindest Schmidli gemacht. Er pflegt laut eigenen Angaben gute Kontakte zu der „Informatiker- und Open-Data-Szene“.

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Alle Beiträge 2013 Methode / Tools

Wirtschaftsthemen – komplexe Recherchen managen

Leo_Mueller_neuUm bei komplexen Wirtschaftsrecherchen den Durchblick zu bewahren, kann man einiges von der Kriminalistik lernen: „Das sind zwei Berufwelten, die beide mit grossen Datenmengen umgehen müssen“, sagt Wirtschaftsjournalist Leo Müller von der Bilanz. Die Investigativ-Geschichte wie die des Anlagebetrugs im Fall Dieter Behring hat er mit Systematik zu Tage gefördert.

Der Prozess einer Recherche sei der einer Spirale, sagt Müller. Zu Beginn bewegt man sich am Rande einer Geschichte. Mit der Zeit stösst man immer mehr ins Zentrum einer Story vor. „Diese erste Phase ist wichtig, um zu verstehen, mit wem man es zu tun hat“. Dafür sei besonders die Advanced-Search auf Google nützlich. Denn nur exakte Such-Strings helfen, damit man sich nicht im digitalen Datenmeer verliert.

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Alle Beiträge 2013 Internet

Effizient suchen mit Google – Strategien und Techniken

Mit Google starte er keine Recherche, sagt Thomas Angeli, Beobachter-Redaktor („Atomkraft: Die Akte Mühleberg“) und Vorstandsmitglied des Schweizer Recherche-Netzwerkes investigativ.ch gleich zu Beginn seines Referates (Thema: „Effizient suchen mit Google – Strategien und Techniken“). Nach den Klassikern unter den Recherche-Tools (bspw. Telefonbuch, Mediendatenbank, offizielle Dokumente) lande er allerdings „rasch bei Google“.

Die gängige Google-Kritik (Datenkrake!) lässt Angeli aus. Dafür beantwortet er seine Frage („Wie tickt Google?“) gleich selbst: „Google gibt vor, eine Suchmaschine zu sein. Letztlich aber ist sie eine riesengrosse Werbekiste mit rund 10 Milliarden Jahresgewinn.“ Nicht ganz neu sind auch die anfänglichen Google-Tipps

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Alle Beiträge 2013 Internet

Das Recherche-Potenzial sozialer Medien

Otto_HostettlerSoziale Medien haben für Journalisten ein kaum überschätzbares Potenzial. Bald die Hälfte aller Schweizer haben einen Facebook-Account. Otto Hostettler vom Beobachter erklärte in einem Work-Shop, wie Journalisten Facebook, Twitter & Co. für ihre Recherchen nutzen können. Dabei sei es grundsätzlich wichtig, dass die Rechercheure ein Sensorium für Namen, wie etwa Ledignamen oder Nicknames, entwickeln.

Tool-Liste auf investigativ.ch

Hostettler zeigte auf, wie man mit sozialen Medien Auskunftspersonen oder Augenzeugen findet, Quellen überprüft und Profile analysiert. Dafür stellte er diverse Tools vor. Eine Liste dieser Tools findet man auf investigativ.ch.

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Alle Beiträge 2013 Informanten und Quellen

Whistleblower – verdeckte Informanten schützen

Alex_BaurWas wäre, wenn seine Informantinnen auffliegen würden? Diese Frage stellte sich Alex Baur, Journalist der Weltwoche. In seinem Vortrag erzählte er von den Hintergründen seiner Recherche zum Missbrauch von Fürsorgeleistungen im Zürcher Sozialamt, die über Jahre stillschweigend toleriert worden waren.

Seine damaligen Informantinnen Esther Wyler und Margrit Zopfi hatten sich 2007 mit vertraulichen Unterlagen an die Öffentlichkeit gewagt. Sie wurden daraufhin wegen Amtsgeheimnisverletzung angeklagt und verloren ihre Stelle. Das Bundesgericht sprach die beiden Frauen schuldig und verhängte bedingte Geldstrafen von je 20 Tagessätzen zu 80 Franken.

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Alle Beiträge 2013 Methode / Tools

Öffentlichkeitsgesetz – Dokumente herausverlangen

Titus_Plattner

„Es ist tragisch, wie viele Journalisten das Öffentlichkeitsgesetz nicht kennen“, sagt Titus Plattner, Journalist bei Le Matin Dimanche und der SonntagsZeitung, „dabei kann man damit eine markant bessere Berichterstattung erreichen.“

Früher galt noch überall das Amtsgeheimnis, doch seit 2006 können Journalistinnen und Journalisten dank des Öffentlichkeitsgesetzes (BGÖ) viel mehr Informationen rausholen. Oder besser gesagt: sie könnten es. 2011 wurden in der Schweiz nur gerade 466 Anfragen gestellt. Zum Vergleich: In England gab es im selben Jahr über 40‘000 Anfragen.

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Alle Beiträge 2013 Themenspezifische Fragen

Wie überlebt journalistisches Feuer im Alltag?

Vera_BergenDer Alltag holte sie rasch ein: Nach dem Abschluss ihres Master of Arts in Journalism am MAZ begann Vera Bergen im Oktober 2011 als festangestellte Redakteurin beim Zentralschweizer Radiosender Sunshine. In der Praxis angekommen, musste sie rasch feststellen, dass die Zeit für vertieftes Fact-Checking häufig fehlt.

„Ich lernte schnell, dass bei einer Medienkonferenz oder auch bei einer Agenturmeldung die Fakten meist nicht nachgeprüft werden. Meist vertrauen wir auf nur eine Quelle oder versuchen die Problematik damit zu umgehen, dass wir zur offiziellen Quelle noch eine Partei oder eine Nicht-Regierungs-Organisation befragen.“ Unter dem Zeitdruck leide die journalistische Sorgfalt, sagt Bergen.

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Alle Beiträge 2013 Internet

„Rede mit den Leuten, hör gut zu und frag hartnäckig nach… und vergiss mal das Internet!“

Dominique_Strebel

MAZ-Studiengangsleiter Dominique Strebel, der mit SonntagsZeitung-Autorin Catherine Boss vor einigen Wochen einen Recherche-Ratgeber herausgegeben hat, gab dem Online-Portal persoenlich.com ein Interview – und nahm dabei kein Blatt vor den Mund.

Das Problem

„Recherche wird in den Redaktionsstuben zu wenig unterstützt. Es gibt immer weniger erfahrene alte Hasen, die on the job ihr Wissen an die jüngeren weitergeben.“

Die Forderung

„Die Verlage sollten nicht nur von Recherche reden, sondern auch ganz konkret Gelder locker machen und Jobs schaffen. Zudem sind Rechercheure ungemütliche Zeitgenossen. Sie ecken an und stören. Das kann in der kleinräumigen Schweiz die Karriere schädigen. Deshalb brauchen sie Unterstützung von den Chefinnen, den Kollegen und Recherchetrainern.“

Der Tipp

„Rede mit den Leuten, hör gut zu und frag hartnäckig nach… und vergiss mal das Internet.“

„Die wichtigsten Informanten sind die Leute in der zweiten oder dritten Reihe: Sie wissen alles, müssen oder dürfen nicht entscheiden und können oder wollen deshalb reden.“

Das ganze Interview lesen: zur Seite von persoenlich.com