„Es ist tragisch, wie viele Journalisten das Öffentlichkeitsgesetz nicht kennen“, sagt Titus Plattner, Journalist bei Le Matin Dimanche und der SonntagsZeitung, „dabei kann man damit eine markant bessere Berichterstattung erreichen.“
Früher galt noch überall das Amtsgeheimnis, doch seit 2006 können Journalistinnen und Journalisten dank des Öffentlichkeitsgesetzes (BGÖ) viel mehr Informationen rausholen. Oder besser gesagt: sie könnten es. 2011 wurden in der Schweiz nur gerade 466 Anfragen gestellt. Zum Vergleich: In England gab es im selben Jahr über 40‘000 Anfragen.
Ein riesiges Potential
Die Referenten verweisen auf die Webseite www.oeffentlichkeitsgesetz.ch. Hier können Journalistinnen und Journalisten das Gesetz einsehen, sie erhalten Tipps und Tricks – und ganz wichtig: Es gibt ein Antragsformular für ein Gesuch um Einsicht in ein Dokument, welches ganz einfach online ausgefüllt werden kann.
Wo gilt nun das Öffentlichkeitsgesetz und wo nicht? Neben der Bundesverwaltung unterliegen auch die meisten kantonalen Verwaltungen dem BGÖ. Allein die Bundesverwaltung umfasst über 200 Ämter und Gremien (inklusive der ausserparlamentarischen Kommissionen) – da ist also einiges zu holen. Das Gesetz greift auch bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie den SBB, der Suva, Meteo Schweiz oder der Billag. Ebenso gilt das Gesetz überall dort, wo der Staat mindestens 50% der Aktien hält oder wo eine Organisation zu mehr als 50% staatlich subventioniert ist.
„Verhandeln, dranbleiben und hartnäckig sein“
Grundsätzlich gilt: Was nicht geheim ist, ist öffentlich. Regula Müller Brunner, Juristin und Fachjournalistin bei Plädoyer, weist jedoch auf Ausnahmen hin. Wenn sich die Behörden noch in der Meinungsbildung befänden, müssten sie die Dokumente dazu nicht herausgeben. Als Totschläger-Argument wirke oft der Hinweis auf das Berufs- oder Geschäftsgeheimnis. Doch Regula Müller Brunner sagt: „Verhandeln lohnt sich immer. Man muss dranbleiben und hartnäckig sein.“ Es gehe schliesslich auch darum, bei den Ämtern die Ängste vor den Journalisten abzubauen.
Plattner und Müller Brunner beschreiben diverse Stories, die dank der Hartnäckigkeit der Journalisten (und teils auch über den juristischen Weg) zustande gekommen sind. Zum Präzedenzfall sei das Beispiel der Freiburger Zeitung La Liberté geworden.
: Die Zeitung recherchierte, wie hoch die Abgangsentschädigung für Walter Eberle, den ehemaligen Generalsekretär des damaligen Bundesrats Blocher, ausgefallen war. Es dauerte über drei Jahre, bis die Journalisten die gewünschten Informationen endlich erhielten. „Das ist heldenhaft“, kommentiert dies Titus Plattner. [Andrea Butorin]
Die im Vortrag verwendete PowerPoint-Präsentation.
5 Comments