Der Alltag holte sie rasch ein: Nach dem Abschluss ihres Master of Arts in Journalism am MAZ begann Vera Bergen im Oktober 2011 als festangestellte Redakteurin beim Zentralschweizer Radiosender Sunshine. In der Praxis angekommen, musste sie rasch feststellen, dass die Zeit für vertieftes Fact-Checking häufig fehlt.
„Ich lernte schnell, dass bei einer Medienkonferenz oder auch bei einer Agenturmeldung die Fakten meist nicht nachgeprüft werden. Meist vertrauen wir auf nur eine Quelle oder versuchen die Problematik damit zu umgehen, dass wir zur offiziellen Quelle noch eine Partei oder eine Nicht-Regierungs-Organisation befragen.“ Unter dem Zeitdruck leide die journalistische Sorgfalt, sagt Bergen.
Gerade beim Radio, wo Geschwindigkeit und überraschende O-Töne häufig überragende Bedeutung aufwiesen, sei Qualität und Fact-Checking entscheidend, um sich positiv von der Konkurrenz abzuheben, sagt Bergen. Fact-Checking sei hierbei als Teil des integrativen Prozesses journalistischer Arbeit, als Teil der Recherche zu verstehen.
„Wehklagen über vergangene Zeiten nützen nichts“
Seit Radio Sunshine im vergangenen Sommer von Radio Central aufgekauft wurde, sei die Recherche noch schwieriger geworden, sagt Bergen. Der mit der Übernahme einhergehende Personalabbau habe zu unbezahlten Überstunden, Sechs-Tage-Wochen und Müdigkeit geführt, wodurch die Fehlerquote gestiegen sei. Von Nachrichtenagenturen zugelieferte Nachrichten könnten manchmal nicht mehr auf den eigenen Schnabel umgeschrieben werden, weil vor dem Live-Lesen die Zeit fehle.
Wehklagen über eine bessere, paradisischere Zeit hälfen jedoch nichts, ist Bergen überzeugt. Ihr Ziel sei es, unter den gegebenen Bedingungen eine neue Ästhetik zu schaffen. „Trotz der aktuellen Realität versuche ich, Radio mit Niveau zu machen.“ [Dennis Bühler]